Liebeslieder an deine Tante

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CD

1. Deine Tante
2. Der Güterzug
3. Die Flugzeuge über meinem Garten
4. Auch noch du
5. Mit dazu
6. Die Nichtverliebten
7. Der Entzogene
8. Freund mit Liebeskummer
9. Kein Liebeslied für dich
10. Amphibrach-Waltz
11. Mein Affe
12. Dein Verhalten
13. Pingpong im Dezember
14. Frau Zielinski und der Finsterling feat. Hedwig Krämer
15. Neues Reiselied
16. Gute Nacht

Gesamtspielzeit: 60 Minuten

Woher Sebastian Krämer deine Tante kennt, ist eine gute Frage. Und wenn er sie kennt, warum er ihr dann ausgerechnet Liebeslieder widmet, vielleicht eine noch bessere. Du hast gar keine Tante? Oder sie ist vor kurzem verstorben? Nun, das würde immerhin die Verzweiflung erklären, die aus manchen dieser Stücke spricht, die Ratlosigkeit, die Melancholie. Oder den abstrusen Humor, den Krämer nicht zu planen scheint, der wie ein Schicksal über uns hereinbricht, wenn wir ihn schon nicht mehr für möglich gehalten hätten.

Für die verheißenen Liebeslieder spickt er den Himmel natürlich mit Geigen – genauer: Streichern in allen Formaten. Sowohl die Sonnenunter-Gang unter der Leitung von Burkhard Götze, als auch das Quartett Bowhéme Berlin unterstützen über die Hälfte der Songs in liebevoll durchkomponierten Arrangements. Aufgenommen wurden Teile des Albums bereits im Januar während einer Reihe von Werkstattkonzerten in der Berliner Bar jeder Vernunft. Ihr Gesangsdebüt gibt Krämers Tochter Hedwig im Lied „Frau Zielinski und der Finsterling“. Endlich einmal wird hier die Lebensrealität der Heranwachsenden kindgerecht anhand einer klinisch depressiven Grundschullehrerin nachgezeichnet.

Diese Chansons wollen nicht „Mut machen“, haben keine Parolen oder auch nur Empfehlungen zur Gestaltung einer besseren Welt zur Hand. Wir haben es hier nicht mit zielführender Kritik an den bestehenden Verhältnissen zu tun. Wohl aber mit dem Versuch, den sorgsam verpackten Schmerz im Hörer aufzuspüren und freizusetzen, weil er zum wenigen gehört, das ihm inmitten seiner ganz persönlichen Zombie-Apokalypse noch die eigene Lebendigkeit anzeigt. Die bizarre Schönheit der Krämerschen Verse und Harmonien ist mit jenem Schmerz im Bunde. Und mit deiner Tante …

Das Album erscheint am 23.10.2020 auf dem Berliner Label Reptiphon als CD, außerdem als Special Edition CD inklusive einer 7″ Vinylsingle mit exklusivem Bonusmaterial und Downloadcode.

3 Kommentare zu Liebeslieder an deine Tante

Keine

  1. Ich wollte schon immer ne Tante haben – jetzt endlich! Und ne Fregatte wollte ich auch schon immer sein – jetzt endlich! So vieles wird möglich durch die Lieder von Sebastian Krämer, und je mehr ich sie höre, desto mehr.

  2. Kompliment

  3. Die CD „Liebeslieder an deine Tante“ kommt, wie bei Sebastian Krämer üblich, mit einem umfangreichen Booklet. Die Texte sind sprachlich und formal großartig, inhaltlich aber in vielen Fällen nur schwer verdaulich. Wer die humorvolle Seite von Krämer schätzt, wird vielleicht manchmal etwas vermissen. Obwohl durchaus humorvolle Lieder oder Passagen dabei sind, überwiegt doch der melancholische Part, der in manchen Fällen richtig weh tut (insbesondere in „Auch noch du“, „Der Entzogene“ und „Frau Zilinski und der Finsterling“).
    Das Lied „Pingpong im Dezember“ gab es vor ein paar Jahren mal im Krämer’schen Adventskalender. Es wurde hier textlich und musikalisch ein bisschen nachgearbeitet, was ich im ersten Moment etwas bedauerte, da mir die frühere Version gut gefiel („kaum was an“ … „im Kirk-Douglas-Park“). Die Korrektur ist an für sich aber berechtigt und jetzt fühlt sich zumindest keiner mehr dazu berufen, irritiert den besagten Park zu googeln.
    Größte Ohrwurm- und Gänsehautqualiten hat neben den „Flugzeugen über meinem Garten“ wohl das letzte Lied „Gute Nacht“, weil es musikalisch sehr berührt, insbesondere im stets etwas variierten Refrain. Im Text wechseln sich betroffen machende Verse wie „Und nun jedem die Einsamkeit, die ihn bedroht“ ab mit kleinen humorvollen Brüchen („Gute Nacht ist […] eine Durchsage, die mit ‚Aufgrund von…‘ beginnt“).
    Fazit: Jedes der Lieder ist wie eine kleine Reise in eine ganz eigene Welt. Und wie jede Reise lösen auch diese eine ganze Palette von Gefühlen aus. Das ist keine Musik, bei der man nebenher was anderes macht, sondern solche, bei der man auf dem Sofa sitzt, im Textbuch mitliest und nachdenkt. Und obwohl ich manchmal ein bisschen wehmütig an den Krämer zurückdenke, der Gedichte aus Perspektive eines Linienbusses schrieb („Die Stadt bitte nach hinten durchgehen…“), empfehle ich die CD und bin gespannt, wie der Künstler sich weiterentwickeln wird.

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